von
Dr. jur. Gero Kollmer, MBA
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Bitcoin polarisiert – es hat seine entschlossenen Befürworter wie auch seine überzeugten Gegner. Die großen alten Männer des nachhaltigen Investments, Warren Buffet und Charles Munger, greifen sich beim Thema Bitcoin geradezu an den Kopf.
Was viele Diskussionen auslassen: was ist Bitcoin eigentlich? Eines vermutlich nicht: eine digitale Währung.
- Bitcoin hat keinen intrinsischen Wert, lediglich die Eigenschaft der Seltenheit.
Kommentar: Das ist inhaltlich zunächst zutreffend: Es benötigt keinen intrinsischen Wert, um Geldfunktionen oder Wertaufbewahrungsfunktionen zu erfüllen – sondern lediglich das Vertrauen ausreichend vieler Wirtschaftssubjekte. Auch Gold hat nur einen intrinsischen Wert in Höhe vielleicht der Förderkosten oder des Preises, den Gold als Industriemetall hätte; moderne staatliche Währungen haben ebenfalls keinerlei intrinsischen Wert (und geben es auch gar nicht vor). Insofern hat Bitcoin staatlichen Währungen immerhin die grundsätzliche Limitiertheit voraus. Leider fehlt eine Formel, um die Verbreitung, die Intensität und die Nachhaltigkeit von Vertrauen als Eigenschaft eines Assets zu fassen und in einer Kennzahl zu fassen.
- Bitcoin ist kein Investment, weil es keine Rendite erwirtschaftet.
Letztlich gründe es nur auf der Erwartung, dass auch künftig Nachfrage nach Bitcoin herrscht.
Kommentar: Das ist nicht von der Hand zu weisen; Gewinn macht man mit Bitcoin nur, solange der Kurs steigt. Insofern gleicht es der Investition in Währungen oder Edelmetalle. Um Geldfunktion zu haben, muss der Kurs jedoch nicht ständig steigen. Man muss Bitcoin nicht als Investment betrachten, sondern kann es als Wertaufbewahrungsmittel oder Tauschmittel sehen.
- Bitcoin ist außerordentlich volatil.
Kommentar: in der Tat ist Bitcoin volatil, was das Vertrauen und damit seine Geldfunktionen stört. Allerdings sind Rohstoffe und Edelmetalle auch volatil – Währungen hingegen sollten es nach Möglichkeit nicht sein. Zudem ist es denkbar, dass die Volatilität sinken wird, wenn sich das Instrument langfristig etabliert und damit Vertrauen gewonnen hat.
- Man kann kaum mit Bitcoin bezahlen.
Kommentar: auch wenn Bitcoin als digitale Währung konzipiert worden sein sollte – es wird nicht als Währung genutzt und der Bedarf scheint auch begrenzt zu sein. Man kann auch kaum mit Gold bezahlen, das mindert dessen Reiz für viele Käufer jedoch nicht.
- Bitcoin erleichtert Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
Kommentar: Die Anonymität und die geographische Beweglichkeit des Bitcoin ist eine Medaille mit zwei Seiten: einerseits kann die Anonymität zu unlauteren Zwecken genutzt werden, zum anderen kann man es nutzen, um sein Vermögen vor übergriffigen und autoritären Regierungen grenzüberschreitend in Sicherheit zu bringen.
- Bitcoin ist als Währung ungeeignet, da die Geldmenge nicht schnell genug und nur sehr begrenzt ausgeweitet werden kann.
Kommentar: tatsächlich wird Bitcoin kaum als Zahlungsmittel genutzt, sondern als Wertaufbewahrungsmittel, es hat die Funktion des „digitalen Goldes“. Es ist praktisch gesehen daher keine Währung. Zudem ist es ein gutes Transportmittel von Werten über Grenzen hinweg. Solange der Bitcoin volatil ist, insbesondere aber im Wert steigt, unterliegt Bitcoin einer „Dauerdeflation“; ein Inhaber von Bitcoin wird daher die Zahlung mit Bitcoin scheuen, solange er mit einer Wertzunahme rechnet. Wäre die gesamte Volkswirtschaft auf Bitcoin als Zahlungsmittel angewiesen, wäre ein Wirtschaftswachstum kaum zu erreichen. Kurz gesagt: niemand wird sich Bitcoin anschaffen, um damit zu bezahlen. Es erfüllt andere Funktionen. Jedoch: es wäre technisch überhaupt kein Problem, ein weiteres, auf Blockchain basierendes Instrument zu schaffen, das ein vorher definiertes oder auch flexibles (Geld-)Mengenwachstum aufweist, das als Zahlungsmittel geeignet wäre.
- Bitcoin ist umweltschädlich.
Kommentar: Tatsächlich verschlingt das Mining von Bitcoin erheblich Energie. Aktuell verbraucht Bitcoin – Mining nach Schätzung des Center for Alternative Finance der Uni Cambridge etwa 120 Terrawattstunden pro Jahr. Das entspricht einem Viertel des Stromverbrauchs von Deutschland oder ungefähr dem Stromverbrauch von Norwegen. Die Frage ist – ist das wirklich viel? Bitcoin ist ein globales Phänomen mit ebensolcher Bedeutung. Man würde auch den Betrieb elektrischer Staubsauger nicht verbieten wollen, weil sie zusammen weltweit des Stromverbrauchs von Bolivien aufweisen. Das ist letztlich eine Abwägungsfrage von Nutzen und Kosten.
- Die Transaktionsgeschwindigkeit von Bitcoin ist gering (bis zu einer Stunde)
Kommentar: das ist eine Achillesferse, die eine Nutzung als Währung im Business – Bereich derzeit eigentlich ausschlösse – wenn es den eine solche Nutzung gäbe. Für die Wertaufbewahrungsfunktion ist es eigentlich nicht relevant, der Verkauf von physischen Edelmetallen ist noch deutlich aufwändiger. Zudem wird sich das Problem mit schnelleren Rechnern und zusätzlicher Software möglicherweise bereinigen lassen.
- Die Nutzung von Bitcoin ist Abhängig von Technik
Kommentar: Für die Aufbewahrung von und die Transaktion von Bitcoin benötigen Sie Technik, eine Unterstützungssoftware und eine Internetverbindung. Sie können Ihre Bitcoin unter Umständen verlieren. Einen Support gibt es nicht und eine Transaktion ist irreversibel. Das schränkt einerseits Ihre Flexibilität ein, andererseits ist die benötigte Technik überall verfügbar und die Anwendung nicht übermäßig komplex.
- Bitcoin hat sich historisch noch nicht bewährt
Kommentar: dieses Argument wird gerne von Edelmetall – Anhängern ins Feld geführt. Die Argumentation setzt bereits voraus, dass es hier um die Wertaufbewahrungsfunktion geht, nicht die Währungsfunktion. Richtig ist, dass Gold und Silber aus historischen Gründen ein sehr großes Vertrauen genießen und Bitcoin diese lange Historie nicht vorweisen kann. Zu übersehen ist jedoch nicht, dass dies auch eine Generationenfrage ist: Die Akzeptanz von und das Vertrauen in Bitcoin ist bei den jüngeren Generationen sehr groß, während diese wiederum mit Gold zum Teil nicht viel anfangen können. Es erscheint daher möglich, dass sich das Verhältnis „umschlägt“ zugunsten des in einiger Hinsicht „praktischeren“ Bitcoin. Auch die Edelmetall – Anhänger seien gewarnt, dass vieles, was jahrhundertelang sehr wertvoll war (z.B. Porzellan), heute nur noch schwer veräußerlich ist. Auch Silber hat heute nur noch einen Bruchteil der Kaufkraft, den es vor 1870 hatte.
- Bitcoin kann durch den Gesetzgeber verboten werden.
Kommentar: Bitcoin ist in etlichen Ländern bereits verboten oder seine Nutzung eingeschränkt. Die Gründe liegen auf der Hand: Zum einen ist es ein ausgezeichnetes Instrument zur Kapitalflucht, zum anderen manifestiert die Investition in Bitcoin das Misstrauen in die Stabilität der jeweiligen nationalen Währung. Sollte Bitcoin wichtigen Staaten fiskalpolitisch in die Quere kommen, etwa bei einer Währungskrise, ist alles offen und ein Verbot nicht auszuschließen. Man kann (außerhalb von „Katastrophenszenarien“, in denen Dinge sich unvorhersehbar entwickeln) annehmen, dass ein Verbot weiträumig PR – mäßig vorbereitet würde (z.B. durch die ständige Betonung der Umweltschädlichkeit oder der Nutzung durch Kriminelle) – wodurch alleine schon der Wert erheblich abnehmen kann. Zudem ist damit zu rechnen, dass zumindest die westlichen Staaten sich hier koordinieren würden. Es kommt aber auch in Betracht, dass Bitcoin nicht direkt verboten wird, sondern „geächtet“, dass also Bitcoin nicht mehr zu den ESG – konformen Investments gehört und damit von großen Investoren nicht mehr angefasst werden wird. Auch hier gilt: das kann bezüglich Edelmetallen auch passieren („Blutgold“, „giftiges Gold“ etc.). Hier gilt: Man sollte die Diskussion genau verfolgen und auf die „Untertöne“ in den Kommentaren wichtiger Player in Staat und auf den Märkten hören – und handeln, bevor es alle anderen tun.
Facit
Bitcoin ist keine Währung und als Investment nur für spekulative Anleger geeignet. Es hat sich auch noch nicht historisch bewährt. Seine Zukunft ist mittelfristig schwer berechenbar. Es eignet sich für bestimmte Personenkreise und in bestimmten Lebenslagen jedoch besser als andere Assets als Wertaufbewahrungsmittel und als Werttransportmittel.
Disclaimer: dieser Artikel spiegelt ausschließlich die persönliche Meinung des Autors wider und enthält weder eine Kaufempfehlung noch deren Gegenteil. Von einer Investition in bestimmte Assets aufgrund der obigen Ausführungen wird ausdrücklich abgeraten. Der Autor ist weder Anlageberater noch besitzt er hierzu die Ausbildung oder Zulassung.
Dr. Gero Kollmer 20.05.2021
Einzelnachweise
https://de.cryptonews.com/leitfaden/laender-in-denen-bitcoin-verboten-oder-legal-ist.htm
https://www.wwf.de/2020/mai/wwf-warnt-vor-giftigem-gold-im-portfolio
https://paymentandbanking.com/bitcoins-drei-groesste-nachteile-oder-doch-eher-vorteile/
https://bitcoin.org/de/sichern-sie-ihre-wallet#everyday
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