In den letzten Jahren hat sich das Bild des klassischen Privatanlegers merklich gewandelt. Wo früher ethische Kriterien wie Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit und soziale Verantwortung im Vordergrund standen, rücken angesichts wachsender Unsicherheit neue Überlegungen in den Fokus. Der Krieg in der Ukraine, der Aufstieg autoritärer Regime und die immer deutlicher werdenden Brüche in der internationalen Sicherheitsordnung haben zu einer Renaissance sicherheitsorientierter Anlageformen geführt – darunter eben auch Investitionen in Rüstungsunternehmen. Was lange als moralisch fragwürdig galt, erscheint nun vielen als legitimer Beitrag zur Sicherung westlicher Werte und zur Unterstützung demokratischer Staaten in ihrer Verteidigungsfähigkeit. Die Frage, ob man mit gutem Gewissen in Waffenhersteller investieren kann, stellt sich heute unter völlig veränderten Vorzeichen.
Bereits in der ersten Amtszeit von Donald Trump wurde deutlich, dass das transatlantische Bündnis nicht mehr das ist, was es einmal war. Die wiederholte Infragestellung der Beistandspflicht innerhalb der NATO durch die damalige US-Regierung sorgte für Verunsicherung in Europa. Viele Staaten begannen, sich ernsthaft mit der Möglichkeit auseinanderzusetzen, ihre Verteidigungsfähigkeit unabhängiger und eigenständiger aufzubauen. Diese Tendenz hat sich unter der neuen Trump-Regierung nochmals verstärkt. Die Rückbesinnung auf nationale Interessen, die Ablehnung multilateraler Verpflichtungen und die Betonung wirtschaftlicher Vorteile auch im sicherheitspolitischen Kontext haben nicht nur Regierungen, sondern auch Anleger zum Umdenken gezwungen. Die Realität, dass Frieden nicht selbstverständlich ist, ist brutal ins kollektive Bewusstsein zurückgekehrt.
Für viele Privatanleger bedeutet das: Eine Neubewertung moralischer Maßstäbe im Lichte geopolitischer Realitäten. Rüstungsunternehmen, die früher als Inbegriff destruktiver Kapitalinteressen galten, erscheinen heute als unverzichtbare Akteure zur Sicherung von Freiheit und Stabilität. Man investiert nicht mehr nur in Kanonen, sondern – so die neue Sichtweise – in Schutzschilde. Waffen werden nicht per se als Mittel der Aggression, sondern als notwendige Voraussetzung zur Abschreckung gesehen. Diese Haltung erlaubt es Anlegern, sich moralisch nicht mehr auf der falschen Seite zu fühlen, wenn sie Kapital in die Verteidigungsindustrie lenken. Es ist ein Wandel, der vor wenigen Jahren noch undenkbar schien, nun aber von vielen als realpolitisch notwendig angesehen wird.
Trotzdem bleibt das Thema moralisch ambivalent. Der Zweck heiligt nicht automatisch die Mittel. Waffen töten – daran hat sich nichts geändert, und auch nicht jeder Rüstungsdeal dient der Verteidigung. Die Grenze zwischen legitimer Selbstverteidigung und gewinngetriebener Aufrüstung ist schmal. Wer in die Rüstungsbranche investiert, sollte sich dieser Grauzonen bewusst sein. Doch ebenso ist klar: Ein wohlmeinendes Festhalten an alten Prinzipien kann in einer Welt, die sich rapide verändert, auch zur Naivität werden. Anleger, die heute in Rüstung investieren, tun dies nicht zwangsläufig aus Zynismus, sondern oft aus dem Gefühl heraus, Verantwortung zu übernehmen. Denn ohne Wehrhaftigkeit gibt es keine Freiheit – und Freiheit ist ein Gut, das seinen Preis hat.