Im internationalen Vergleich hinken deutsche Kliniken bei den IT-Ausgaben seit Jahren hinterher. Während Länder wie die USA, die Niederlande oder Dänemark konsequent in digitale Infrastruktur, vernetzte Systeme und datengetriebene Prozesse investieren, bleibt Deutschland in vielerlei Hinsicht konservativ und zurückhaltend. Das hat historische Gründe: Das Gesundheitswesen ist hierzulande stark föderal geprägt, Investitionen unterliegen politischen Entscheidungen auf Länderebene und vielerorts herrscht Skepsis gegenüber Digitalisierung, nicht zuletzt wegen Datenschutzbedenken. Das Ergebnis ist ein Flickenteppich veralteter Systeme, Insellösungen und papierbasierter Prozesse, die kaum effizient und noch weniger zukunftsfähig sind. Der Rückstand ist nicht nur technisch, sondern vor allem strategisch – und das fällt deutschen Kliniken zunehmend auf die Füße.
Denn mit dieser Zurückhaltung verschenken die Häuser erhebliche Chancen. Kliniken, die digital gut aufgestellt sind, arbeiten nicht nur effizienter, sondern können auch medizinisch bessere Ergebnisse erzielen. Elektronische Patientenakten, automatisierte Abläufe, KI-gestützte Diagnostik oder vernetzte Medizingeräte – all das sind keine Visionen der Zukunft, sondern heute bereits gelebte Praxis in Ländern, die mutiger investieren. Diese Technologien entlasten das Personal, erhöhen die Patientensicherheit und ermöglichen eine präzisere, individuellere Versorgung. In Deutschland hingegen kämpfen Pflegekräfte mit Faxgeräten und Ärzte mit nicht kompatiblen Softwaresystemen. Der Zeitverlust ist enorm, die Frustration hoch – und das alles in einem Sektor, der ohnehin schon unter Fachkräftemangel leidet.
Ein weiterer entscheidender Aspekt ist die Wettbewerbsfähigkeit. Internationale Klinikverbünde und digitale Gesundheitsplattformen drängen verstärkt auch auf den deutschen Markt. Wer hier als Klinik nicht mithalten kann, verliert nicht nur an Attraktivität für Patienten, sondern auch für qualifiziertes Personal. Junge Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte erwarten zunehmend moderne Arbeitsbedingungen, digitale Unterstützung und transparente Prozesse. Gleichzeitig erschwert der fehlende Digitalisierungsgrad auch die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren im Gesundheitswesen – sei es mit Hausärzten, Rehakliniken oder Krankenkassen. Statt sektorübergreifender Versorgung erleben wir nach wie vor Medienbrüche und Informationsverluste, die vermeidbar wären.
Die Lösung ist so einfach wie unbequem: Es muss mehr investiert werden. Und zwar nicht punktuell oder projektbezogen, sondern strategisch, langfristig und flächendeckend. Der Staat muss Rahmenbedingungen schaffen, die Kliniken nicht nur zur Digitalisierung verpflichten, sondern sie auch finanziell dazu befähigen. Gleichzeitig braucht es einen Kulturwandel innerhalb der Häuser – mehr Mut zur Veränderung, mehr Vertrauen in Technologie und vor allem ein klares Bekenntnis zur digitalen Zukunft. Denn eines ist sicher: Wer jetzt nicht handelt, wird in wenigen Jahren nicht mehr konkurrenzfähig sein. Digitalisierung ist kein Nice-to-have, sondern ein Überlebensfaktor – gerade im Krankenhaus.