Mit der Wahl eines neuen Papstes hat sich das mediale und öffentliche Interesse an der Katholischen Kirche sprunghaft erhöht. Menschen weltweit blicken mit neuer Aufmerksamkeit auf Rom, die Entscheidungen des Konklaves und auf das, was der neue Pontifex in seiner Amtszeit prägen wird. Diese Faszination reicht über das rein Spirituelle hinaus – sie berührt auch weltliche Bereiche, etwa die Wirtschaft. Denn in einem zunehmend werteorientierten Markt gewinnt ein bisher oft übersehener Aspekt an Bedeutung: Finanzprodukte, die sich an kirchlichen Maßstäben orientieren. Dass Glaube und Geldanlage nicht im Widerspruch stehen müssen, zeigt ein wachsender Sektor, der ethische, soziale und ökologische Kriterien mit traditionellen christlichen Werten zu vereinen sucht.
In der Welt der nachhaltigen Geldanlagen haben sich die sogenannten ESG-Kriterien – Environmental, Social, Governance – etabliert. Diese setzen auf ökologische Verantwortung, soziale Gerechtigkeit und verantwortungsvolle Unternehmensführung. In jüngerer Zeit ist zu beobachten, dass bestimmte Fonds und Anlageprodukte zusätzlich kirchliche Maßstäbe anlegen. Das bedeutet nicht nur, dass sie etwa in keine Unternehmen investieren, die mit Rüstung, Abtreibung oder Glücksspiel zu tun haben, sondern auch, dass sie aktiv Unternehmen bevorzugen, die mit dem Menschenbild und der Soziallehre der Kirche vereinbar sind. Dabei geht es um Würde, Umweltschutz, Gemeinwohl und das Prinzip der Nachhaltigkeit – Werte, die tief im kirchlichen Denken verwurzelt sind und sich mit modernen Nachhaltigkeitsideen durchaus überschneiden.
Trotz dieser Überschneidungen sollte man nicht dem Irrtum erliegen, dass es sich bei solchen Finanzprodukten um direkte Investitionen der Kirche handelt oder gar darum, dass die Kirche Mitspracherecht in den betreffenden Unternehmen hätte. Vielmehr handelt es sich um ein Siegel, um eine Richtlinie – ähnlich wie bei Bio-Zertifikaten im Lebensmittelbereich. Private Anbieter, teils kirchliche Stiftungen oder katholisch inspirierte Fondsmanager, stellen sicher, dass ihre Produkte mit einem bestimmten ethischen Anspruch entwickelt und verwaltet werden. Die Kirche selbst ist hier Beobachterin, Inspirationsquelle, aber keine Investorin oder Aktionärin. Der Unterschied ist wichtig, denn viele Investoren suchen zwar nach Produkten mit ethischem Kompass, wollen aber keine direkte kirchliche Einflussnahme.
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Religion, gerade in Zeiten moralischer Unsicherheit, auch im ökonomischen Bereich Orientierung bieten kann. Die Rückbesinnung auf Werte, wie sie seit Jahrhunderten in der kirchlichen Lehre verankert sind, bietet eine Alternative zur rein profitorientierten Sicht auf Märkte. Es geht nicht darum, neue Dogmen zu schaffen, sondern um ein Gleichgewicht zwischen Rendite und Verantwortung. Vielleicht liegt gerade hierin der Reiz solcher Finanzprodukte in unserer Zeit: dass sie aufzeigen, wie uralte Prinzipien des Glaubens in einer modernen Welt weiterhin Relevanz haben können – selbst an Orten wie der Börse, die lange als weltlich und fern von spirituellen Idealen galten.