Gute Nachrichten verbreiten sich im Finanzsektor nur selten so deutlich wie in diesem Jahr: Wer im ETF-Bereich tätig ist, darf sich in Europa über kräftige Gehaltssprünge freuen. Mit einem Anstieg von 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr übertrifft der Kontinent alle anderen Regionen der Welt. Weder Amerika noch Asien konnten mit diesem Tempo mithalten, was besonders bemerkenswert ist, da der Markt für börsengehandelte Fonds inzwischen global hart umkämpft ist. Während in den USA traditionell die größten Player sitzen und Asien in den letzten Jahren durch Innovation und Wachstum aufgeholt hat, ist es nun Europa, das die Nase vorne hat – zumindest, wenn es um die Bezahlung der Fachkräfte geht. Diese Entwicklung zeigt, dass der Kontinent seine Rolle als zunehmend wichtiger Standort für Finanztechnologie und Vermögensverwaltung untermauert.
Doch ein genauerer Blick in die Studie offenbart, dass die Zahlen nicht überall gleich glänzen. Zwischen den einzelnen Regionen Europas klaffen Unterschiede, die man nicht übersehen darf. Während in Finanzzentren wie London, Frankfurt oder Zürich die Gehälter beinahe explosionsartig nach oben geschnellt sind, profitieren Beschäftigte in kleineren Märkten nur in bescheidenerem Maße. Besonders in Südeuropa fallen die Zuwächse deutlich schwächer aus, was den Eindruck verstärkt, dass die wirtschaftliche Schere innerhalb der Branche auch geografisch weiter aufgeht. Es ist nicht neu, dass bestimmte Finanzplätze durch internationale Investoren bevorzugt werden, doch die Zahlen machen deutlich, dass der Aufstieg einzelner Metropolen die regionale Ungleichheit innerhalb Europas verschärft.
Ein weiteres, hartnäckiges Problem bleibt die Frage der Gleichberechtigung. Trotz aller Fortschritte und trotz steigender Gesamtgehälter hinkt die Vergütung von Frauen nach wie vor hinterher. Die Studie zeigt, dass weibliche Fachkräfte im ETF-Sektor im Schnitt mehrere Prozentpunkte weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen – bei gleicher Qualifikation und gleicher Position. Dass dieses Muster selbst in einer Branche fortbesteht, die sich gerne als modern und zukunftsorientiert darstellt, ist ein Widerspruch, den man nicht einfach beiseiteschieben kann. Viele Unternehmen betonen inzwischen ihre Programme zur Förderung von Diversität und Inklusion, doch solange die Gehaltsunterschiede bestehen, wirken diese Bemühungen halbherzig. Wer wirklich einen fairen und zeitgemäßen Arbeitsmarkt gestalten will, kommt um klare Strukturen und Transparenz bei der Bezahlung nicht herum.
Trotz dieser Schattenseiten überwiegen die positiven Signale für die Beschäftigten. Ein Wachstum von 13 Prozent innerhalb eines Jahres ist außergewöhnlich und spiegelt sowohl die Attraktivität als auch die zunehmende Bedeutung des europäischen ETF-Sektors wider. Fachkräfte profitieren von einem Markt, der hungrig nach Talenten ist und bereit ist, dafür tief in die Tasche zu greifen. Die steigenden Gehälter sind nicht nur ein Ausdruck ökonomischer Stärke, sondern auch ein Anreiz, dass qualifizierte Köpfe in Europa bleiben oder dorthin zurückkehren. Wenn es gelingt, die regionalen Unterschiede abzufedern und die Gleichberechtigung ernsthaft voranzutreiben, könnte Europa nicht nur bei den Gehältern, sondern auch in der Gesamtentwicklung des ETF-Marktes an die Spitze rücken. Bis dahin aber bleibt der Kontrast zwischen Fortschritt und Rückstand ein Spiegelbild einer Branche, die zwar stark wächst, aber ihre eigenen Baustellen noch nicht geschlossen hat.







