Mehr als 60 kirchliche Institutionen weltweit haben sich entschieden, ihr Geld aus Investitionen in fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas abzuziehen. Dieser Schritt ist nicht nur ein finanzieller, sondern vor allem ein moralischer Akt, der tief in der kirchlichen Verantwortung für die Schöpfung wurzelt. In Deutschland beteiligen sich die Evangelische Kirche und nahezu alle Landeskirchen an dieser Entscheidung. Damit setzen sie ein deutliches Zeichen: Wer den christlichen Glauben ernst nimmt, kann nicht länger mit Geldanlagen Gewinne unterstützen, die zur Zerstörung von Umwelt und Klima beitragen. Der Rückzug aus der fossilen Industrie bedeutet, dass Kirchen ihr Kapital künftig in nachhaltigere Projekte lenken wollen – etwa in erneuerbare Energien, ökologische Landwirtschaft oder soziale Unternehmen. Das ist ein Bruch mit der bisherigen Tradition kirchlicher Finanzpolitik, die oft eher sicherheitsorientiert als ethisch konsequent war.
Bekanntgegeben wurde dieser Schritt auf der UN-Klimakonferenz in Brasilien – einem Ort, an dem sich die Weltgemeinschaft mit der drängendsten Frage unserer Zeit auseinandersetzt: Wie lässt sich der Klimawandel noch aufhalten? Der Weltkirchenrat und das Laudato Si’ Movement, inspiriert von der Enzyklika von Papst Franziskus, haben gemeinsam mit den „Christians for Future“ für Deutschland betont, dass der Glaube nicht schweigen darf, wenn die Schöpfung bedroht ist. Gerade Kirchen, die jahrhundertelang Werte wie Bewahrung, Maß und Verantwortung predigten, stehen heute in der Pflicht, diese Prinzipien praktisch umzusetzen. Indem sie sich von fossilen Investitionen trennen, zeigen sie, dass Glaubensgemeinschaften nicht nur moralisch appellieren, sondern auch wirtschaftlich handeln können.
In einer Zeit, in der viele politische und wirtschaftliche Akteure noch zögern, ist das ein starkes Signal. Die Entscheidung der Kirchen zeigt, dass es möglich ist, sich von alten Abhängigkeiten zu lösen – und zwar nicht nur symbolisch, sondern mit echtem finanziellen Gewicht. Denn das kirchliche Vermögen, das weltweit in Milliardenhöhe liegt, hat Einfluss. Wenn diese Mittel in grüne und soziale Projekte umgelenkt werden, kann das eine spürbare Veränderung anstoßen. Es erinnert an frühere Zeiten, in denen die Kirche nicht nur Hüterin des Glaubens, sondern auch Wegweiserin für gesellschaftliche Verantwortung war. Vielleicht kehrt sie damit zu einer Haltung zurück, die sie einst stark gemacht hat: das Handeln aus Überzeugung, nicht aus Bequemlichkeit.
Gleichzeitig wirft dieser Schritt Fragen auf: Reicht es, Geld umzuschichten, oder braucht es tiefergehende Veränderungen in Lebensstil, Konsum und kirchlicher Praxis? Denn die Glaubwürdigkeit hängt nicht nur an Finanzentscheidungen, sondern auch daran, wie Gemeinden und Gläubige ihren Alltag gestalten. Doch immerhin ist dieser Divestment-Beschluss ein Anfang – ein öffentliches Bekenntnis, dass Worte Taten folgen müssen. Er ist Ausdruck eines neuen, zugleich alten Bewusstseins: der Verantwortung gegenüber der Schöpfung, die nicht dem Markt, sondern Gott gehört. In einer Welt, die oft auf kurzfristigen Profit setzt, erinnert die Kirche mit diesem Schritt an eine Haltung, die man fast vergessen glaubte – die Verpflichtung zum Guten, selbst wenn es unbequem ist.







