In den letzten Jahren hat sich das weltweite geopolitische Klima erheblich verändert, was zu einem Anstieg von Kriegen und bewaffneten Konflikten geführt hat. Parallel dazu hat sich auch die Einstellung gegenüber Investitionen in die Rüstungsindustrie verändert. Vor dem russischen Überfall auf die Ukraine im Jahr 2022 galt eine Investition in Rüstungsunternehmen für viele deutsche Privatanleger als moralisch fragwürdig. Mehr als die Hälfte von ihnen betrachtete solche Investitionen als ethisch bedenklich und lehnte sie ab.
Doch diese Haltung hat sich mit dem Beginn des Ukraine-Konflikts drastisch geändert. Eine Umfrage aus dem Jahr 2022 zeigt, dass nun zwei Drittel der deutschen Anleger ein Investment in die Rüstungsindustrie entweder akzeptabel finden oder zumindest nicht mehr strikt ablehnen. Diese Verschiebung in der Wahrnehmung kann als ein Zeichen dafür gewertet werden, dass die Finanzierung von Kriegsgerät unter den gegenwärtigen globalen Bedingungen gesellschaftlich akzeptabler geworden ist – sowohl für private als auch für institutionelle Investoren.
Die Frage, ob Investitionen in Waffen und Rüstungsgüter als nachhaltig betrachtet werden können, ist jedoch komplex und kontrovers. Nachhaltigkeit im Investmentbereich umfasst traditionell Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG-Kriterien). Diese Faktoren sollen sicherstellen, dass Investitionen nicht nur wirtschaftlich rentabel sind, sondern auch positive oder zumindest nicht schädliche Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft haben. Auf den ersten Blick scheint die Rüstungsindustrie nicht mit diesen Kriterien vereinbar zu sein. Waffen und Militärtechnologien sind primär dazu gedacht, Gewalt auszuüben und Konflikte zu führen, was oft mit erheblichen menschlichen und ökologischen Kosten verbunden ist. Zudem kann die Produktion und der Einsatz von Waffen zu erheblichen Umweltzerstörungen führen, wie beispielsweise durch den Einsatz von Sprengstoffen und anderen schädlichen Materialien.
Allerdings gibt es auch Argumente, die eine Investition in die Rüstungsindustrie aus einer anderen Perspektive betrachten. Befürworter argumentieren, dass eine starke und gut ausgerüstete Verteidigung entscheidend für die Aufrechterhaltung von Frieden und Stabilität ist, insbesondere in einer Welt, die zunehmend von Unsicherheit und Konflikten geprägt ist. In diesem Kontext könnte man argumentieren, dass Investitionen in Verteidigung und Sicherheit dazu beitragen, Länder und Gemeinschaften zu schützen und somit eine Form von sozialer Nachhaltigkeit zu unterstützen. Ein weiterer Aspekt ist die Rolle der Rüstungsindustrie bei technologischen Innovationen. Viele Technologien, die ursprünglich für militärische Zwecke entwickelt wurden, haben später auch zivile Anwendungen gefunden und signifikante gesellschaftliche Vorteile gebracht. Beispiele hierfür sind das Internet, GPS und zahlreiche medizinische Fortschritte. Investitionen in Rüstungsunternehmen könnten daher auch als Förderung von Innovation und technologischem Fortschritt gesehen werden.
Trotz dieser Argumente bleibt die ethische Dimension von Investitionen in die Rüstungsindustrie umstritten. Während einige Anleger in der gegenwärtigen globalen Sicherheitslage eine moralische Rechtfertigung für solche Investitionen sehen, lehnen andere sie weiterhin aus ethischen Gründen ab. Die Entscheidung, ob Investitionen in Waffen und Rüstungsgüter nachhaltig sind, hängt letztlich von den individuellen Wertvorstellungen und Prioritäten der Investoren ab. In einer Welt, die sich rapide verändert, bleibt diese Frage weiterhin relevant und bedarf einer sorgfältigen und differenzierten Betrachtung.