Der österreichische Staat hatte sich mit seiner Klage gegen die Einstufung von Atomenergie und Erdgas als nachhaltige Investmentthemen ein hohes Ziel gesetzt. Schon frühzeitig war Wien mit deutlichen Worten vorgeprescht und hatte sich damit gegen eine Politik der EU-Kommission gestellt, die den Energiemix Europas möglichst breit aufstellen will. Besonders der Verweis auf die ungelöste Frage der Endlagerung von Atommüll galt als Kernargument. Denn Österreich betrachtet sich traditionell als Land, das seit Jahrzehnten entschieden auf Atomkraft verzichtet und diesen Weg nicht zuletzt durch ein Volksbegehren in den späten 1970er Jahren festgelegt hat. Dass man sich nun in Luxemburg der Rechtsprechung des Europäischen Gerichts geschlagen geben musste, wird in Wien als herber Rückschlag empfunden.
Die Richter in Luxemburg stellten sich hinter die Argumentation der EU-Kommission, wonach bestimmte Investitionen in den Bereichen Kernenergie und Gas durchaus zum Klimaschutz beitragen könnten. Sie folgten damit dem Gedanken, dass es in einer Übergangszeit sinnvoll sein kann, auf Energieträger zu setzen, die zwar nicht völlig frei von Risiken sind, aber helfen können, den Ausstoß von CO₂ zu senken. Im Urteil heißt es, die Annahme der Kommission sei zutreffend, und man könne nicht bestreiten, dass gerade Gas im Vergleich zu Kohle einen deutlichen Vorteil beim Klimaschutz biete. Auch die Atomkraft wird in dieser Argumentation nicht als Allheilmittel betrachtet, aber als ein Baustein in einer umfassenderen Strategie, die den Umbau der Energieversorgung ermöglichen soll.
Für Österreich ist diese Entscheidung schwer zu akzeptieren. Das Land hatte die Klage auch aus politisch-symbolischen Gründen angestrengt, um ein klares Signal gegen eine Renaissance der Atomenergie in Europa zu setzen. Denn die Gefahr, die von radioaktivem Abfall über Jahrtausende ausgeht, lässt sich nicht einfach beiseiteschieben. Hier zeigt sich der klassische Konflikt zwischen langfristiger Vorsorge und kurzfristigen pragmatischen Lösungen. Dass Luxemburg diesen Bedenken nun nicht folgte, wird im Nachbarland als Missachtung der Risiken gewertet, die aus österreichischer Sicht nicht mit Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen sind.
Gleichzeitig macht das Urteil deutlich, wie sehr sich Europa in einer energiepolitischen Zwickmühle befindet. Einerseits drängt die Notwendigkeit, den CO₂-Ausstoß rasch und spürbar zu senken, andererseits fehlt es vielerorts an ausreichend erneuerbaren Kapazitäten, um den steigenden Energiebedarf verlässlich zu decken. Vor diesem Hintergrund wirkt die Entscheidung des Gerichts wie ein nüchterner Hinweis auf die Realität: Atomkraft und Gas bleiben Teil des europäischen Energiemixes, ob es Österreich gefällt oder nicht. Damit hat sich erneut gezeigt, dass politische Traditionen und nationale Grundhaltungen zwar Gewicht haben, im europäischen Rechtsrahmen jedoch nicht immer ausschlaggebend sind. Für die Zukunft bedeutet das, dass Österreich seinen Widerstand auf anderer Ebene fortsetzen muss, während die EU einen Weg beschreitet, der auf Ausgewogenheit und Übergangslösungen setzt.







